Künstlerische Kooperation auf Augenhöhe
Ausstellung TEAMWORK in Antwerpen! Pieter Bruegel, Hendrick van Balen und die anderen in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden
Trotz ungebetener Gäste scheinen sich die weiblichen Figuren im Halbschatten einer Lichtung wohlzufühlen. Vielleicht haben sie die martial erscheinenden Mischwesen im Hintergrund noch gar nicht bemerkt? Diana und ihre Nymphen, von Satyrn belauscht zeigen sich jedenfalls unbeeindruckt. Ihre kaum verhüllte Nacktheit leuchtet hell aus dem Mittelgrund heraus, während sich das wahrscheinlich von der Göttin der Jagd erlegte Wild in kunstvoller Unordnung im Bildvordergrund stapelt.
Doch weniger der Inhalt als vielmehr die Autorschaft dieser Darstellung ist bemerkenswert. Denn an dem um 1620 entstandenen Kabinettbild haben gleich zwei Meister der flämischen Barockmalerei gearbeitet: Es sind Jan Brueghel d. Ä. und Hendrick van Balen d. Ä., die als äußerst erfolgreiche Vertreter berühmter Künstlerfamilien aus Antwerpen hier kooperierten, wobei van Balen sich auf mythologische Figurendarstellungen und Brueghel auf Landschaften und Stillleben spezialisiert hatte.
Wie weitreichend und komplex sich diese Form der Zusammenarbeit gestaltete, zeigt jetzt die Ausstellung TEAMWORK in Antwerpen! Pieter Bruegel, Hendrick van Balen und die anderen in der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Sie ist das Ergebnis eines umfassenden Forschungsprojekts unter der Leitung von Dr. Uta Neidhardt, Oberkonservatorin der Abteilung für niederländische Malerei. Insgesamt 45 hauseigene Werke flämischer Künstler aus dem Bereich der Kabinettmalerei wurden untersucht - einer damals neuen Gattung kleinformatiger Gemälde für private Auftraggeber, die nach 1600 dank wirtschaftlichen Aufschwungs zu Geld gekommen waren. Angesichts der hohen Nachfrage stießen nicht nur die Werkstätten der Brueghels und van Balens an ihre Grenzen, sondern auch die der Künstlerfamilie Francken. Gerade die biblischen und mythologischen Szenen von Frans Francken d. J. erfreuten sich großer Beliebtheit.
"Bei unserem Forschungsvorhaben, in das Restauratoren und Naturwissenschaftler eng mit eingebunden waren, sind wir immer vom Gemälde ausgegangen. Mithilfe genauer Untersuchungen, sowohl mit dem bloßen Auge als auch mittels verschiedener strahlendiagnostischer Methoden konnten wir nachweisen, in welcher Abfolge die Schichten lagen, wer also wann an dem Gemälde tätig war. Die jeweiligen Urheber haben wir anhand ihrer Handschrift, Stilistik und ihrer Motive ermittelt", berichtet Neidhardt. "Die Meister im Antwerpen des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts haben über Generationen hinweg horizontal miteinander gearbeitet, indem Söhne und Enkel die Werkstätten übernahmen. Gleichzeitig konnten wir erstmals auch die Tätigkeit von Frauen in diesen Ateliers nachweisen", so die Kuratorin.
In der Ausstellung werden die Werke durch ausgesuchte Leihgaben sowie 28 Zeichnungen und Grafiken aus dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ergänzt.
kunst:art 104, Juli/August 2025