"Wo die Irren flirren"
Wilhelm Busch - Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst rückt die Theaterstücke von F. K. Waechter ins Rampenlicht
"All die überlegenen, vornehmen, gebildeten, kunstbeflissenen Langweiler mit ihren verlogenen, abgedroschenen, wichtigtuerischen, einschüchternden Sprüchen liefern uns nun das schönste Material für Komisches. Herrliche Zeit für Satire!" Es ist die selbstzufriedene Wirtschaftswunder-Gesellschaft der 1960er-Jahre, die der Zeichner und Cartoonist Friedrich Karl Waechter (1937-2005) hier ungewöhnlich scharf umreißt. Das Zitat macht jedoch augenblicklich klar, woraus einer der berühmtesten Karikaturisten des deutschsprachigen Raums in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seine Inspiration bezog.
Dass F. K. Waechter in einschlägigen Magazinen wie pardon, der von ihm mitbegründeten Titanic und im ZEITmagazin Tausenden von Lesern mit seinen genial-subtilen Cartoons ein Lächeln ins Gesicht zeichnete, ist hinlänglich bekannt. Dass er eigene Satirebände wie Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein oder Männer auf verlorenem Posten veröffentlichte und mit Kinderbüchern wie dem Anti-Struwwelpeter Erfolge feierte, ebenfalls. Dass er jedoch seit den 1970er-Jahren auch als Verfasser und Regisseur zahlreicher Theaterstücke in Erscheinung trat, dürfte nur den wenigsten geläufig sein.
Daher rückt nun das Museum Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst in Hannover ab dem 24. Mai 2025 unter dem Titel Wo die Irren flirren: F. K. Wächter - Unvergessen für immer die gekonnt bizarren Theaterprojekte des Allrounders ins Rampenlicht.
Der skurrile Ausstellungstitel bezieht sich auf eine Zeile aus Waechters Stück Die Eisprinzessin, das zwischen 1993 und 2000 im pittoresken Treppenhaus der Cumberlandschen Galerie - als Teil des Schauspielhauses Hannover - über 270 Mal zur Aufführung kam. Es erzählt die Geschichte einer unnahbaren, wunderschönen Prinzessin, die auf dem Gipfel eines Eisbergs lebt, schließlich aber vom König von Sizilien in dessen Heimat gelockt wird, wo ihre Gefühlskälte dahinschmilzt.
In der Ausstellung werden die Theaterarbeiten des Bühnenautors durch Fotografien, Programmhefte und Archivalien aus der Sammlung des Museums zum Leben erweckt. Darüber hinaus ist die Aufführung von Waechters Stück "Alberner Hans" im Rahmen des Sommerfestes der Herrenhäuser Gärten in Hannover geplant.
Aber auch andere Zeichnungen, Collagen und Drucke des Frankfurter Cartoonisten, in der sich seine stilistische Vielfalt spiegelt, werden zu sehen sein. Die Blätter stammen ebenfalls aus dem reichen Bestand des Wilhelm Busch Museums, das 2007 von den Nachkommen Waechters den gesamten Nachlass des Künstlers erhielt. Eine Hälfte ging als Schenkung an die Institution, die andere wurde mithilfe zahlreicher Stiftungen und der Unterstützung des Landes erworben.
"Zeichnen heißt, das Schwarze im Auge auf einer weißen Fläche verteilen," so Waechter. Und das verstand er wirklich meisterhaft.
kunst:art Nr. 103, Mai/Juni 2025